Earned Value Management bei Aufträgen der Amerikanischen Regierung

Earned Value Management hat in Europa noch eine sehr geringe Verbreitung. In den USA hingegen ist EVM schon seit Jahrzehnten etabliert, inbesondere wegen der Amerikanischen Regierung und des Department of Defence (DoD). In diesem Beitrag erfahren Sie Details über das DoD und wie Earned Value Management beim DoD eingesetzt wird.

Das DoD und die Regierungsstellen in den USA waren die ersten systematischen Anwender von EVM. Danach verbreitete sich EVM laufend in verschiedenen Industriebereichen. Entweder wurden Auftragnehmern des DoD in der Industrie EVM vorgeschrieben, oder Unternehmen erkannten selbst die großen Vorteile dieser Methode. Im folgenden Abschnitt finden Sie ein paar Daten, damit Sie sich eine Vorstellung von der Geschichte und Größe des DoD machen können.

Das DoD das älteste Unternehmen Amerikas und größtes Unternehmen der Welt

Das DoD (Department of Defense or Pentagon), das Amerikanische Verteidigungsministerium, bezeichnet sich als ältestes Unternehmen Amerikas und größtes Unternehmen der Welt. Das „War Department“ wurde 1789 und das „Department of the Navy“ 1798 gegründet. Heute umfasst das DoD folgende Bereiche: Army, Navy, Marine Corps, Coast Guard und Air Force. Das DoD hatte im Finanzjahr 2011 ein Gesamtbudget von 664.8 Milliarden Dollar und 2’130’000 Angestellte. Davon arbeiteten ca. 473’000 Personen in über 146 Ländern und auf hoher See. Vom Gesamtbudget entfielen über 79.1 Milliarden Dollar auf Research, Development, Test, and Evaluation (RDT&E) und über 140 Milliarden Dollar auf die externe Beschaffung. Im RDT&E-Budget sind z.B. Programme wie das Mulit-Misson Flugzeug Osprey V-22A, welches 40 Milliarden Dollar kostet und der F-35 Joint Strike Fighter (JSF), welcher über 388 Milliarden Dollar Entwicklungskosten verschlingt. Der erste Prototyp des F-35 folg im Jahre 2006 und wurde im Jahre 2015 zum ersten Mal ausgeliefert. Mehr Informationen zu diesem riesigen Projekt erhalten Sie unter der Internetadresse:

http://www.airforce-technology.com/projects/

Wenn man die Budgetzahlen des DoD ansieht, dann ist es kein Wunder, dass das DoD in der Vergangenheit und auch heute noch der Schrittmacher des modernen Projektmanagements ist. Dies trifft im Speziellen auf Earned Value Management zu.

Hier eine Übersicht über das DoD 2016 Budget:

2016 FY Budget Proposal

2018 FY Budget Proposal

Hier erhält man einen Einblick, was für Aufträge das DoD täglich vergibt:

http://www.defense.gov/News/Contracts/Contract-View/Article/626771

Earned Value Management zeigt beim DoD seine Wirkung

Nur sehr selten hat eine große Kostenüberschreitung bei einem DoD Projekt zum Abbruch eines Projektes geführt – obwohl die durchschnittliche Kostenüberschreitung Mitte der 60er Jahre bei 20% lag. Die durchschnittliche Kostenüberschreitung bei nicht-DoD Projekten vergleichbarer Größe und Komplexität war meistens grösser.
Der Erfolg des DoD bei der Reformierung von EVM zeigte sich in den Resultaten deutlich. Im November 1999 war die gesamte Kostenüberschreitung bei hundert der größten und risikoreichsten Projekte nur 5,5% oder $1,2 Milliarden. Die Projekte waren zu diesem Zeitpunkt durchschnittlich zu 66% vollendet und repräsentierten einen Zielwert von $72.8 Milliarden .

EVM beim DoD, Behörden und in der Industrie

Im Juli 2006 wurden die Beschaffungsvorschriften der US-Behörden an­gepasst, inklusive der darin beschriebenen EVM Anforderungen. Diese neuen Vorschriften gelten für alle Regierungsaufträge ab 1. Oktober 2006. Die neuen EVM-Anforderungen spezifizieren zum Beispiel neue Grenzen, ab denen eine EVM-Strategie angewendet werden muss, um für einen Auftrag in Frage zu kommen. Das Resultat daraus könnte sein: Keine EVM-Implementierung – kein Auftrag!

Im September 2015 hat das DoD die Grenze, ab welcher ein validiertes EVMS angewendet werden muss von $50 Million auf $100 Million erhöht. Hier das Memorandum (PDF)

Die folgende Abbildung zeigt eine Übersicht, wie EVM in den USA angewendet wird. Auf der linken Seite sehen Sie die kleineren und größeren Unternehmen, insbesondere aus der Privatindustrie. Hier bestehen oft keine Vorgaben, in welchem Detaillierungsgrad EVM anzuwenden ist. Tendenziell werden kleinere Unternehmen den Aufwand geringer halten, größere Unternehmen werden umfangreichere Vorschriften definieren. Für sehr große, risikoreiche. Projekte sollten jedoch klare Vorschriften erlassen werden. Dabei sollte man auch einen größeren Detaillierungsgrad in der Anwendung und im Reporting definieren.

Auf der rechten Seite der Abbildung sehen Sie wie EVM beim DoD angewendet wird. Für Projekte >$20 Mio. und einer Dauer von mehr als 12 Monaten sind klare Rapportierungsvorschriften definiert. Ein Hauptelement dabei ist der Cost Performance Report mit Format 1 und 5. Zusätzlich ist ein EIA-748 konformes EVMS anzuwenden. Risikoreiche Projekte haben auch unterhalb dieses Betrages nach diesen Vorschriften zu rapportieren. Sehr große Projekte mit Kosten >$100 Mio. haben ein konformes und validiertes EVMS nach EIA-748 anzuwenden und rapportieren mit dem Cost Performance Report (CPR) mit den Formaten 1 bis 5. Das DoD empfiehlt EVM nicht anzuwenden bei Firm-Fixed Price Verträgen (FFP) und Level of Effort, unabhängig vom Dollarbetrag.

Obwohl Earned Value Management die beste Projektcontrolling-Methode ist und vernünftig angewendet sehr erfolgreich ist, fehlt in Europa ein eigentlicher Treiber, wie es die Amerikanische Regierung in den USA ist. Wie wird sich Earned Value Management in Europa weiterentwickeln?

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